Beim Sommerkonzert sitzen die Krippenfiguren in der ersten Reihe

NIEDERRAD - Erlös kommt ihrer Renovierung zugute - Frauenensemble Mirabilis ist das einzige seiner Art in Frankfurt

Ja, ist denn schon wieder Weihnachten? Lange bevor die ersten Geschäfte Spekulatius, Lebkuchen und Winterpunsch verkaufen, erklingt in der katholischen Kirche Mutter vom Guten Rat Benjamin Brittens (1913-1976) Christmas Carol „This little Babe“ - am Anfang leicht melancholisch, bevor die Sängerinnen des Frauenensembles Mirabilis die Stimmung jetzt in beschwingtem Dur erhellen.

Und links am Altar erblicken die rund 40 Zuhörerinnen und Zuhörer auch den Grund für das Weihnachtslied: Die aufgestellten Krippenfiguren müssen vor allem an den Gelenken, mit denen sie bewegt und in Szene gesetzt werden, neu gerichtet werden. „Unser diesjähriges Sommerkonzert ist auch ein Benefizkonzert, um Spenden für die Weihnachtskrippe zu sammeln“, erklärt Chorleiterin Enikö Szendrey.

Werner Portugall, Pfarrer in Sankt Jakobus, verweist in seiner Begrüßung auf den 90. Geburtstag der Kirche Mutter vom Rat und das Alter der Krippe aus der Nachkriegszeit. Die Suche nach Heimat und Geborgenheit drückt sich auch im Thema des Konzerts „Wie lieblich sind deine Wohnungen“ nach Psalm 85 aus: Passend dazu bildet nach „Veni Domine“ von Felix Mendelssohn (1809-1847) der Liechtensteiner Komponist Josef Gabriel Rheinberger (1839-1901) mit seiner Hymne „Wie lieblich sind deine Wohnungen“ ebenso einen Schwerpunkt wie Max Reger (1873-1916) mit seiner Orgel- Phantasie und Fuge über den Namen Bach.

Geduldsprobe Fischermesse

Die Suche nach geeigneter Chorliteratur gehört für Szenderey zum Programm: „Mirabilis ist nämlich als Frauenchor von Sankt Jakobus zugleich das einzige Frauenensemble einer katholischen Kirchengemeinde in Frankfurt“, erklärt sie. Dabei ist es herausfordernd, das stattliche Gotteshaus klanglich auszufüllen: Die ersten beiden Hymnen von Rheinberger „Adoramus te“ und „Ave vivens hostia“ singen die Frauen mit Organist Manuel Bleuel auf der Orgelempore, treten erst danach den Weg zum Altar an, während Pfarrer Portugall die Hymne und die nachfolgende Fischermesse in Villerville der französischen Komponisten Gabriel Fauré (1845-1924) und André Messager (1853-1929) erklärt.

Begleitet auf dem Klavier von Bleuel wird vor allem die fünfteilige Fischermesse an der Küste der Normandie für die Damen zur Geduldsprobe: Doch die Chorleiterin setzt schon im „Gloria“ beim Dirigieren ihren ganzen Körper ein, um die rund 30 Sängerinnen in Schwung zu bringen. Der Chor Mirabilis besteht bereits seit 2006, fünf Jahre später übernahm Szendrey die Leitung des Ensembles. „Wir sind mit unseren 30 Frauenstimmen eine offene Singgemeinschaft. Manche Frauen singen seit ihrer Kindheit, andere haben diese Leidenschaft erst später für sich entdeckt“, berichtet sie. Eingeteilt ist der Chor jeweils in zwei Sopran- und zwei Altstimmlagen, bei letzteren würde man sich in den tieferen Tonlagen noch etwas Zuwachs wünschen.

Geprobt wird einmal pro Woche montags von 20 bis 22 Uhr, was allerdings nicht ausreicht: „Es ist wichtig, dass auch zu Hause regelmäßig geübt wird, gerade bei neuen Stücken“, sagt Szendrey. Sie unterstützt ihre Sängerinnen bei Bedarf gerne mit zusätzlichem Einzelunterricht.

„Wir unterstützen mit unserem Frauenensemble die Gottesdienste auch an den Feiertagen und laden dabei gerne zum Mitsingen ein“, betont Szendrey. Das geschieht auch beim Sommer- und Benefizkonzert, als die Gemeinde nach Brittens „Spring Carol“ und Bob Chilcotts „Irish Blessing“ zum Kirchenlied „Möge die Straße uns zusammenführen“ anstimmt. Und für die Krippenfiguren kommen sogar 304,02 Euro an Spenden zusammen.

got für Frankfurter Neue Presse vom 11.07.2023, Seite 15